"Bäche müssen wieder Waldbäche werden, damit sie den ‚guten ökologischen Zustand', den die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) für alle Gewässer fordert, auch tatsächlich erreichen." Unter diesem Motto kamen am 19. April über 1.100 Schüler und Lehrer des Ludwig-Meyn-Gymnasiums Uetersen nach Langeln und pflanzten dort ebenso viele Flatterulmen im Auwald der Krückau.
Was die Aktion einzigartig macht: Schüler und Lehrer hatten die von zu Hause mitgebrachten jungen Bäume in knapp zwei Jahren eigenhändig aus Saatgut herangezogen, das sie zuvor in einem alten Flatterulmenbestand in der Nähe des Pflanzortes selbst geerntet hatten. Diese Eigeninitiative war notwendig, weil die für den Auwald charakteristische Flatterulme bisher aus heimischer Herkunft auf dem Baumschulmarkt nicht erhältlich war. Als einzige Waldbaumart außer den Wildobstarten steht die Flatterulme in Schleswig-Holstein auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Von den heimischen Ulmenarten ist sie als einzige gegen die Holländische Ulmenkrankheit in der Praxis weitgehend unempfindlich und deshalb für die Anpflanzung besonders gut geeignet.
Schulleiter Michael Lohmann lobte, dass mit beinahe 94% ein unerwartet hoher Anteil der Schüler bei den heimischen Pflegearbeiten erfolgreich gewesen sei und auf diese Weise ein auf Nachhaltigkeit gerichtetes eigenverantwortliches Handeln für die Umwelt erlebt habe. "Wir führen diese Aktion aus Anlass unseres 85-jährigen Schuljubiläums als Wandertag der gesamten Schule durch, allerdings schon ein Jahr im Voraus, da die Bäume unter der guten Pflege der Schüler schneller gewachsen sind als erwartet. Das Ziel ist dabei neben der Förderung des Umweltbewusstseins die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls durch das Gemeinschaftserlebnis", betonte Lohmann.
Die ökologische Bedeutung erläuterte der Initiator und Organisationsleiter des Projektes, Oberstudienrat Gerd Janssen: "Die Wiederbewaldung der Talaue ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich in der Krückau allmählich wieder die an kaltes Wasser gebundene Lebensgemeinschaft bachtypischer Arten einstellt. Sie bedeutet zudem eine Aufwertung des Areals als Lebensraum für den Schwarzstorch, dessen Vorliebe für Waldbäche bekannt ist. Des Weiteren trägt sie zur Nährstoffentlastung des Flusses und damit schließlich auch der Nordsee bei, da die bewaldete Talaue Nährstoffe wirkungsvoller als jede andere Bodenbedeckung aus dem Wasser herausfiltert und auf diese Weise wie ein riesiges Klärwerk wirkt. Um an der staatlichen Aufgabe der Umsetzung der WRRL aus privater Initiative mitzuwirken, haben wir 2002 damit begonnen, auf Flächen der Krückau-Talaue in Langeln, die bereits aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen worden waren, die natürliche Waldbildung durch Initialpflanzungen zu unterstützen. So haben unsere Schüler dort in den vergangenen Jahren bereits 1.300 Bäume gepflanzt, und zwar Erlen, Eschen, Hainbuchen, Bergahorn und Buchen. Eichen wurden teils gesät und kamen teils natürlich auf. Die jungen Bäume wurden mit Draht gegen Wildverbiss geschützt. Wir nennen das Gesamtprojekt ‚LMG-Zukunftswald' und sehen darin einen Beitrag zu einem der zentralen Naturschutzthemen unserer Zeit, der durch die EU geforderten Fließgewässerrenaturierung."
Beachtung fand die Pflanzaktion auch bei den angereisten Gästen: Kreispräsident Burkhard Tiemann, Hermann Früchtenicht, Präsident der Landwirtschaftskammer, und der Leiter des Forstamtes Rantzau, Hans-Albrecht Hewicker, würdigten das Engagement der Schüler in ihren Grußworten.
Dietmar Wienholdt, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft im Umweltministerium und Projektleiter für die Umsetzung der WRRL sagte: "Das Engagement der Kinder und Jugendlichen ist eine großartige Unterstützung für den Gewässerschutz an der Krückau. Seit Jahrhunderten hat der Mensch unsere Bäche und Flüsse verändert - durch Begradigung und Entwässerung. Waldbäche und Ufergehölze sind inzwischen selten geworden. Dabei sorgen die Bäume mit ihren Wurzeln für eine Vielzahl von Nischen und Verstecken für Kleinlebewesen und Fische und verhindern Erosion. Wir setzen darum bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in Schleswig-Holstein auch auf die Wiederherstellung der charakteristischen Ufergehölze mit Erlen, Eschen und Ulmen an naturnahen Bachläufen. Ich wünsche mir, dass das Beispiel der Ludwig-Meyn-Schule viele Nachahmer findet!"
Forstdirektor Hewicker führte aus: "Das staatliche Forstamt Rantzau als untere Forstbehörde u.a. für den Kreis Pinneberg begrüßt die große Baumpflanzaktion des Ludwig-Meyn-Gymnasiums Uetersen (LMG) in der Krückau-Talaue in Langeln am 19.04.2007 aus mehreren Gründen.
Die fast ganz in Vergessenheit geratene heimische Baumart Flatterulme wird damit ins öffentliche Bewusstsein zurückgeholt. Es wird dabei deutlich gemacht, dass diese Ulmenart anders als ihre nahen Verwandten Berg- und Feldulme vom bedrohlichen Ulmensterben nicht betroffen ist und deshalb vielmehr bei Pflanzmaßnahmen berücksichtigt werden sollte. Flußauenwälder sind in Schleswig-Holstein fast nicht mehr vorhanden. Sie sind eine der bedrohtesten Pflanzengesellschaften in Schleswig-Holstein. Deshalb ist das - schon jahrelange Bemühen des LMG um die Wiedererschaffung eines solchen Flußauenwaldabschnitts an der Krückau eine ganz herausragende Leistung. Diese Naturschutzarbeit steht im Übrigen in voller Übereinstimmung mit dem Bemühen um eine Wiederherstellung einer guten Qualität unserer Fließgewässer im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie.
Das ganz Besondere an der heutigen Aktion ist aber, dass von der Samengewinnung an hiesigen Altbäumen, über die Sämlingsanzucht und dann insbesondere die Pflege der einzelnen verschulten Pflanzen in der Verantwortung der rund 1.100 Schülerinnen und Schüler bis zum heutigen Auspflanzen alle Arbeiten aus eigener Initiative und in eigener Zuständigkeit der Schule erbracht worden sind. Ein ermutigendes Zeichen für den Einsatz junger Menschen im öffentlichen Interesse und speziell für den Schutz unserer heimatlichen Natur. Daher empfinde ich das Bedürfnis, hierfür von ganzem Herzen ‚Danke' zu sagen.
Da erscheint es dann auch fast selbstverständlich, dass das Forstamt mit seinen Forstwirtlehrlingen unter Anleitung des Forstwirtschaftsmeisters André Gudat diese Arbeiten tatkräftig unterstützt hat und auch heute begleitet."
Schulleiter Lohmann dankte besonders dem Forstamt Rantzau, dessen Mitarbeiter zur Vorbereitung der Pflanzung Wildschutzgatter errichtet hatten, für die praktische Unterstützung sowie der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und dem Kreis Pinneberg für die finanzielle Förderung.